Kritik an Sprechchören bei Itzehoer Demo gegen rechte Tendenzen

Die Demonstration in Itzehoe vom Samstag (15. Februar) hat ein Nachspiel. Dafür sorgen wenige Sekunden am Wahlkampfstand der CDU.

Er war erstens „sehr, sehr aufgebracht“. Und zweitens auch am Samstagabend (15. Februar) noch „restlos bedient“. Was hatte Markus Müller so aus der Bahn geworfen?

Der Christdemokrat und frühere Ortsvorsitzende stand am späten Vormittag am Wahlkampfstand seiner Partei an der Ecke Feldschmiede/Kirchenstraße, als die mehr als 1000 Teilnehmer der Demonstration gegen rechte Tendenzen vorbeizogen. Plötzlich wurde skandiert: „CDU, Faschistenpack!“ Es seien nur wenige Rufer an der Spitze des Zuges gewesen, nach einigen Sekunden war es vorbei, sagt Müller. Aber:

„Seit ich Politik mache, war ich selten so frustriert wie an diesem Abend. Ich habe kurzzeitig überlegt, ob ich alles hinschmeißen soll.“

, schildert der Bürgervorsteher.

Ganz vorn war beim Umzug unter anderem ein Banner der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ) zu sehen, die sich laut Verfassungsschutzbericht als Nachwuchsorganisation der Deutschen Kommunistischen Partei betrachtet, beide werden von den Verfassungsschützern beobachtet. Nach Müllers Eindruck kamen die Rufe aus der SDAJ-Richtung, doch deren Steinburger Verband widerspricht auf Anfrage unserer Redaktion in einer schriftlichen Stellungnahme: „Die SDAJ war auf der Demonstration präsent, hat sich aber nicht an den genannten Sprechchören beteiligt.“ Kritisiert werde jedoch die Politik der CDU, „insbesondere, da sie soziale Spaltung und rassistische Narrative fördert“. Die Partei öffne mit ihrer Politik der vergangenen Jahre und zuletzt der Kooperation mit der AfD im Bundestag dem Faschismus Tür und Tor.

Diese Kooperation habe es nicht gegeben, dabei bleibe es, erwidert Müller. „Diese Darstellung ist und bleibt falsch.“ Er hätte eine Distanzierung der SDAJ von den Rufen erwartet – dass der Vorfall stattdessen gerechtfertigt werde, spreche für sich. Wenn eine Partei, die möglicherweise den nächsten Kanzler stelle, die im Land regiere und in Kreis und Stadt die Mehrheit habe, mit solchen Rufen belegt werde, sei gehörig etwas schiefgelaufen, sagt Müller. „Ich empfinde es schon als verbale Gewalt.“

Die „Faschistenpack“-Rufe gegen die CDU spiegelten nicht die Meinung oder Analyse des Netzwerks gegen Rechts Itzehoe wider, sagt Sprecher Patrick Spahn. Das Netzwerk kritisiere die CDU für ihren Umgang mit der AfD und besonders die gemeinsame Abstimmung im Bundestag – die Teilnehmerzahl zeige, dass die Kritik von vielen Menschen geteilt werde. In der derzeitigen Situation sei Protest mit einer Demonstration richtig, so Spahn. „Gleichzeitig halten wir es auch für wichtig und richtig, über diese Kritik und das Verhältnis zur AfD mit der CDU sachlich und respektvoll zu diskutieren.“ So sei es bei der Podiumsdiskussion am 12. Februar im Haus der Jugend geschehen.

Distanz von den politischen Rändern

Zu Recht werde von der CDU verlangt, sich vom rechten Rand zu distanzieren, sagt Müller. „Das tun wir auch.“ Andere müssten sich allerdings ebenfalls fragen, ob ihr Verhältnis zu den politischen Rändern ausreichend geklärt sei, betont er und meint damit auch die Organisatoren der Demonstration: Eine Präsenz von Gruppen wie der SDAJ mache der CDU eine Teilnahme schwer. „Das vergiftet im Moment dermaßen den politischen Diskurs, dass ich riesige Sorgen habe.“ Das sieht der CDU-Kreisvorsitzende Heiner Rickers ebenso: „Da müssen wir alle gemeinsam aufpassen.“

Für die Veranstalter verweist Spahn zunächst darauf, dass sich die Demonstration unter anderem gegen den Umgang der CDU mit der AfD gerichtet habe. Sechs Gruppen sowie Einzelpersonen hatten den Demo-Aufruf getragen, und er unterstreicht: „Wir haben nicht mit der SDAJ als Institution zusammengearbeitet.“ Wer privat teilnehme, das könnten die Organisatoren nicht beeinflussen.

Es bleibt der Schreck beim CDU-Kreisvorsitzenden, dass Müller kurz vor der Aufgabe stand: „Wenn so etwas dabei herauskommt, haben die Gegner der Demokratie erreicht, was sie wollen“, sagt Rickers. Müller entschied sich für das Weitermachen und stellt fest: „Ich lasse mir die Partei und das, wofür ich seit über 20 Jahren arbeite, nicht von solchen Idioten kaputt machen.“