
FOTO: ANDREAS OLBERTZ
Nach einem Urteil zu Sozialabgaben steht der Kulturhof ohne Zuschüsse vor dem Aus. Zwei Ausschüsse beschlossen allerdings lediglich einen Arbeitskreis.
„Es gibt ein Bekenntnis von allen, dass wir den Kulturhof erhalten wollen“, fasst Karl-Heinz Zander, Vorsitzender der Grünen-Fraktion, eine gemeinsame Sitzung von Finanzausschuss und Ausschuss für städtisches Leben hinter verschlossenen Türen zusammen. Das Fazit von Kirsten Lutz, Vorsitzende der Dafi-Fraktion, fällt nach der zweistündigen Sitzung allerdings ganz anders aus: „Ich bin entsetzt.“ Denn eigentlich, so ihre Sichtweise, hätte noch vor der Sommerpause Klarheit für den Kulturhof geschaffen werden sollen. Doch davon ist Itzehoe weit entfernt. Deshalb resümiert Kulturhof-Betreiber Sören Zanner nach dem Termin: „Im ersten Moment hätte ich gesagt: Dann ist eben Schluss.“
Aber so schlimm kommt es doch noch nicht. Was aber nichts mit der Beschlusslage in Itzehoe zu tun hat. Eigentlich hatte Zanner angekündigt, den Kulturhof zum 1. August zu schließen. Das Risiko, nach einer Verurteilung ins Gefängnis zu müssen, sei ihm zu groß. Aber nach einer Gesprächsrunde im Berliner Arbeitsministerium bezüglich der schwierigen Situation beim Einsatz von Honorarkräften an Musikschulen wurde eine Galgenfrist bis Mitte Oktober verkündet.
Herrenberg-Urteil krempelt Musikschul-Landschaft um
Hintergrund ist das sogenannte Herrenberg-Urteil. Demnach seien Honorarkräfte an Musikschulen nicht selbstständig, sondern müssten sozialversicherungspflichtig angestellt werden. Das hätte massive Kostensteigerungen für Musikunterricht zur Folge. Über Jahrzehnte ist der Kulturhof weitgehend ohne öffentliche Zuschüsse ausgekommen. Aber in Zukunft werde es nicht mehr ohne gehen, ist Zanner überzeugt, sollte er das Urteil umsetzen müssen.
„Sören Zanner ist früh mit der Verwaltung ins Gespräch gekommen“, blickt Kirsten Lutz zurück: „Im März hatten wir zum Kulturhof eine Aktuelle Stunde in der Ratsversammlung und das Thema seitdem in einer Reihe von Ausschüssen. Wir haben immer gesagt, wir treffen eine Entscheidung vor der Sommerpause.“ Aber es ist anders gekommen. Entschieden wurde, einen fraktionsübergreifenden Arbeitskreis zu gründen. Auch Zanner ist enttäuscht: „Die großen Fraktionen haben es nicht geschafft, mir in dem halben Jahr ihre Fragen zu stellen.“
Der Kulturhof-Chef plant, die Einrichtung in eine gemeinnützige GmbH zu überführen. Dann könnten Stadt und Kreis den Betrieb mit Zuschüssen unterstützen. Er ging in einer Präsentation von einem Zuschussbedarf von etwa 500.000 Euro aus, den sich Stadt und Kreis anteilig teilen sollten.
Zehn-Seiten-Vorlage der Verwaltung, aber noch Fragen offen
Aber bei CDU, SPD und Grünen gibt es noch eine Reihe von offenen Fragen. Aktuell habe es keine beschlussreife Vorlage gegeben, beklagt Sigrun Schmidt (SPD): „Wenn die Stadt da einsteigt, muss das eine seriöse, belastbare Geschichte sein.“ Da die Verwaltung weder die nötige Expertise in Sachen Gesellschaftsrecht noch einen Wirtschaftsprüfer habe, regte sie an, den Arbeitskreis um externe Fachleute zu ergänzen. Die Dafi hingegen lobt ausdrücklich, die Vorlage der Verwaltung sei mit zehn Seiten sehr umfangreich.
Kann sich Itzehoe eine Förderung des Kulturhofs leisten?
Für den CDU-Vorsitzenden Patrick Schulz ist die Gesellschaftsfrage noch nicht geklärt. Wenn die gGmbH kommt, müsste die Stadt Gesellschafter werden? Braucht es dann einen Aufsichtsrat? Oder wäre nicht doch ein Verein die bessere Lösung? Und überhaupt, so Schulz: „Im Sport fördern wir hauptsächlich den Kinder- und Jugendbereich.“ Am Kulturhof werden aber auch Erwachsene unterrichtet. Vielleicht müsse der Schwerpunkt mehr auf Gruppen- statt auf Einzelunterricht gelegt werden. Über allem steht laut Schulz die Frage:
„Können wir das überhaupt über die nächsten Jahrzehnte leisten? Wir müssen die ganze Stadt im Blick behalten.“
Der Kulturhof soll zusammen mit der städtischen Musikschule an der VHS und der Musikschule in Glückstadt zu einer Kreismusikschule werden. Das setzt aber voraus, dass Glückstadt und der Kreis ebenfalls interessiert sind und sich finanziell einbringen. Lutz kritisiert, dass sich die Kreistagsabgeordneten in der Ratsversammlung trotz ihrer Nachfragen nie positioniert hätten. Es ist nicht bekannt, ob sich der Kreis finanziell beteiligen will.
Ein Rettungs- oder Finanzierungsmodell, das auf alle gleichermaßen zutrifft, gibt es offenbar noch nicht. Sigrun Schmidt macht sich für eine Drittel-Lösung stark: Ein Drittel der Kosten wird über Beiträge erwirtschaftet, ein Drittel sollte vom Land kommen und den Rest teilen sich Kreis und Kommune. Bildungsministerin Karin Prien habe zwar ein neues Musikschulgesetz angekündigt, so Schmidt, „aber dann kam die Steuerschätzung und es hieß ,April, April‘.“
Auch wenn in Kürze die Sommerpause beginnt, wurde von allen Seiten betont, dass es für die Mitglieder des Arbeitskreises keine Ferien geben soll.
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